Mehrleistungen von Mitarbeitenden

Veröffentlicht am 16.06.2023

Upgedated am 13.02.2024

von Vincent Janele, geprüfter Lohnverrechner

Mehr- und Überstunden: Das gilt es bei Mehrleistungen Ihrer Mitarbeiter:innen zu beachten

Mehr- und Überstunden sind ein häufig diskutiertes Thema in der Arbeitswelt und werden oft synonym verwendet, obwohl sie in der Lohnverrechnung zwei sehr unterschiedliche Sachverhalte darstellen. In diesem Blogbeitrag werden wir genauer darauf eingehen, was Mehr- und Überstunden sind, wie sie sich voneinander unterscheiden und wie sie in der Lohnverrechnung behandelt werden.

Mehrstunden beziehen sich auf die zusätzliche Arbeitszeit, die über die reguläre Arbeitszeit hinausgeht. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin mehr Stunden arbeitet als im Arbeitsvertrag vereinbart. Diese Mehrstunden können aus verschiedenen Gründen anfallen, sei es aufgrund von Projekten mit straffen Zeitplänen, saisonalen Spitzenzeiten oder besonderen Anforderungen im Unternehmen.

Im Gegensatz dazu beziehen sich Überstunden auf die Arbeitszeit, die über die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit hinausgeht. Überstunden können aus verschiedenen Gründen anfallen, z.B.: bei Notfällen, unvorhergesehenen Ereignissen oder außergewöhnlichem Arbeitsanfall.

Die Behandlung von Mehr- und Überstunden in der Lohnverrechnung kann komplex sein. Es gibt verschiedene Aspekte zu berücksichtigen, wie zum Beispiel die Berechnung des zusätzlichen Lohns/Gehalts, die steuerliche Behandlung der Zuschläge und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. In unserem Blogbeitrag erläutern wir diese Themen im Detail und geben Ihnen einen umfassenden Einblick in die Lohnverrechnung von Mehr- und Überstunden.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Abrechnung von Mehr- und Überstunden

Maßgebend für die Abrechnung von Mehr- und Überstunden sind:

  1. das Arbeitszeitgesetz (kurz AZG),
  2. der Kollektivvertrag,
  3. sowie der individuelle Dienstvertrag.

Das AZG regelt die wöchentliche (40 Stunden) und tägliche (acht Stunden) Normalarbeitszeit aller Dienstnehmer:innen in Österreich. Kollektivverträge können diese aber (zugunsten der Dienstnehmer:innen) basierend auf Verhandlungen zwischen den Arbeitgeber:innenverbänden und den Gewerkschaften anders festlegen. Daher ist die Normalarbeitszeit in Österreich je nach Branche sehr unterschiedlich geregelt - von 40 Stunden die Woche bei Wachorganen, über 38,5 Stunden in der Metalltechnischen Industrie und 37 Wochenstunden in der Sozialwirtschaft.

Die wöchentliche Arbeitszeit wird im Dienstvertrag geregelt, wobei insbesondere die Unterscheidung zwischen Voll- und Teilzeit für die Abrechnung von Mehr- und Überstunden entscheidend ist. Als vollzeitbeschäftigt gelten dabei alle Dienstnehmer:innen, die im Ausmaß der wöchentlichen NAZ beschäftigt werden. Teilzeitbeschäftigt sind sämtliche Dienstnehmer:innen, die lt. Dienstvertrag weniger als die vorgesehene Normalarbeitszeit beschäftigt werden.

Je nach Höhe der NAZ und der vereinbarten Wochenarbeitszeit können Überstunden, kollektivvertragliche Mehrarbeit, sowie Teilzeit-Mehrarbeit, anfallen.

Beispiel für die Aufteilung in Mehr- und Überstunden

Das AZG sieht vier Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Normalarbeitszeit vor:

  1. Kollektivvertragliche Flexibilisierung
  2. Einarbeitungszeit
  3. Normalarbeitszeit bei Schicht- und Turnusarbeit
  4. Gleitzeit

Jede dieser Möglichkeiten wäre einen eigenen Blogartikel wert. Denn auch bei einer Flexibilisierung kann es durch Überschreitung der höchstzulässigen NAZ pro Tag bzw. Woche zu Überstunden kommen, wobei der vereinbarte Durchrechnungszeitraum (z.B.: in der Gleitzeitvereinbarung festgelegt) zu beachten ist.

Bezahlung oder Zeitausgleich?

Laut dem österreichischen Arbeitszeitgesetz (AZG) haben Arbeitnehmer:innen grundsätzlich Anspruch auf die Bezahlung von Mehr- und Überstunden. Es sei denn, es wurde eine andere Vereinbarung getroffen, bei der die Arbeitnehmer:innen stattdessen Freizeit (Zeitausgleich) erhalten. Möglich ist auch eine Kombination, bei der z.B.: die Grundstunden bezahlt und die Überstunden in Form von Zeitausgleich abgegolten werden.

Die Vereinbarung, ob Geld oder Freizeit gewählt wird, kann schriftlich, mündlich oder durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Eine Änderung bedarf der vorherigen Zustimmung des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin. Im Falle von Zeitausgleich ist dieser, sofern nichts anderes vereinbart wurde, einschließlich des Zuschlags zu gewähren (50 % Zuschlag entspricht 1,5 Stunden Zeitguthaben).

Teilzeit-Mehrarbeit

Bei Teilzeit-Mehrarbeit handelt es sich um Mehrarbeit, die über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinausgeht, aber noch nicht kollektivvertragliche Mehrarbeit ist. Das AZG sieht neben dem Grundlohn für diese Art der Mehrarbeit einen Zuschlag von 25% vor, der jedoch vom Kollektivvertrag frei geregelt werden kann.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Teilzeit-Mehrarbeit zuschlagsfrei abgerechnet werden kann:

  1. Ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Wochentage oder Wochen des Monats (mit Dienstnehmer:in im Vorhinein zu vereinbaren).
  2. Schriftliche Anhebung der Wochenstunden (mit Dienstnehmer:in im Vorhinein zu vereinbaren).
  3. Befristete Anhebung der Arbeitszeit für Saisonspitzen (mit Dienstnehmer:in im Vorhinein zu vereinbaren).
  4. Verbrauch der angefallenen Mehrarbeitsstunden durch 1:1 - Zeitausgleich innerhalb des laufenden Quartals oder eines im Dienstvertrag vereinbarten 3-Monats-Zeitraums.
  5. Gleitzeitvereinbarung, bei der Zeitausgleich angeordnet werden kann.

Im Falle eines Austritts sollten Dienstgeber:innen besonders darauf achten, dass ein eventuelles Zeitguthaben vor Beendigung des Dienstverhältnisses aufgebraucht wird. Auf geleistete Mehrstunden fällt dann nämlich ein Zuschlag von 50% an.

Auch teilzeitbeschäftigte Dienstnehmer:innen können Überstunden leisten. Und zwar:

  • wenn die wöchentliche/tägliche Normalarbeitszeit gemäß AZG überschritten wird oder
  • immer dann, wenn für eine:n vollzeitbeschäftigte:n Dienstnehmer:in im Zuge der Mehrleistung eine Überstunde anfällt (z.B.: bei Nachtarbeit).
Abrechnungsbeispiel für Teilzeit-Mehrarbeit

Kollektivvertragliche Mehrarbeit (KV-Mehrarbeit)

Die KV-Mehrarbeit bezieht sich auf zusätzliche Arbeitsstunden, die über die, gemäß dem jeweiligen Kollektivvertrag, vereinbarte Normalarbeitszeit hinausgeht, aber die gesetzlich geregelte Normalarbeitszeit noch nicht überschreitet.

Die Vergütung (Zuschlag und Stundenteiler) dieser Mehrarbeit ist in der Regel im jeweiligen Kollektivvertrag geregelt.

Abrechnungsbeispiel für KV-Mehrarbeit

Überstunden

Eine Überstunde liegt vor bei:

  • Überschreitung der wöchentlichen Normalarbeitszeit oder,
  • wenn die tägliche Normalarbeitszeit überschritten wird.

Nach dem AZG gebührt für Überstunden immer (auch Sonn-, Feiertags und Nachts) ein Zuschlag von 50%. Dieser kann lt. Kollektivvertrag aber auch höher ausfallen. Daneben sehen viele Kollektivverträge einen eigenen Überstundenteiler vor, der vom regulären Stundenteiler abweicht.

10 Fakten zu Überstunden

  1. Seit 2018 können Überstunden bis zu einer Arbeitszeit von 12 Stunden am Tag / 60 Stunden in der Woche angeordnet werden.
  2. In einem (rollierenden) Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden.
  3. Der/Die Dienstnehmer:in muss sich im Dienstvertrag zur Leistung von Überstunden bereit erklären (außer im Falle eines Betriebsnotstandes).
  4. Der/Die Dienstnehmer:in kann angeordnete Überstunden ablehnen, wenn berücksichtigungswürdige Interessen wie Kinderbetreuungspflicht oder eine Hochzeit vorliegen.
  5. Überstunden, welche die tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden und die wöchentliche Arbeitszeit von 50 Stunden überschreiten, können ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden.
  6. Die Abgeltung von Überstunden durch Zeitausgleich ist nur nach Vereinbarung möglich.
  7. Überstunden können nach tatsächlichem Anfall, pauschal, im Grundbezug enthalten oder in Form von Zeitausgleich abgegolten werden.
  8. Trotz Überstundenpauschale oder All-in-Vereinbarung ist eine Deckungsprüfung vorzunehmen. Überstunden, die nicht durch die Pauschalvereinbarung abgedeckt sind, müssen vergütet werden.
  9. Eine Pauschalabgeltung verpflichtet nicht zur Leistung von Überstunden.
  10. Schwangere Dienstnehmerinnen dürfen keine Überstunden leisten. Die pauschale Abgeltung von Überstunden kann ausgesetzt werden.

Eine Abgeltung von Überstunden im Verhältnis 1:1 ist vom Gesetzgeber / der Gesetzgeberin verboten. Auch in Folge einer solchen Vereinbarung, ist der/die Arbeitgeber:in verpflichtet, den Überstundenzuschlag zu zahlen oder mehr Zeitausgleich zu gewähren.

Für Arbeitnehmer:innen machen sich Überstunden aus finanzieller Sicht gleich doppelt bezahlt. Denn neben dem um mindestens 50% höheren Stundenlohn, können die monatlich ausbezahlten Überstundenzuschläge in den meisten Fällen steuerbegünstigt ausbezahlt werden. Das Einkommensteuergesetz (kurz EStG) sieht für diese Zuschläge nämlich drei verschiedene Freibeträge vor, die in folgenden Fällen zur Anwendung kommen:

Die drei Varianten des Freibetrags

Von 01.01.2024 bis 31.12.2025 gilt:

§ 68 (1) bzw. (6) EStG: Monatlich können maximal EUR 400,- (EUR 600,- wenn die Normalarbeitszeit überwiegend in der Nacht liegt) Lohnsteuerfrei berücksichtigt werden.

§ 68 (2) EStG: Monatlich können maximal 18 Überstunden à Zuschlag 50 Prozent bis zu einem Maximalbetrag von EUR 200,- Lohnsteuerfrei berücksichtigt werden.

Zuschläge, die über die Freibeträge hinaus anfallen, sind voll steuerpflichtig abzurechnen.

Abrechnungsbeispiel für Überstunden

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